Chronik der Baugeschichte

Evangelisch Stiftisches Gymnasium (Foto: Oliver Rachner)Das Evangelisch Stiftische Gymnasium, 1851 gegründet, kann nicht nur auf eine bewegte Schulgeschichte zurückblicken.

Auch die baulichen Veränderungen, denen die Schule im Verlauf von über 160 Jahren unterworfen war und die das Gesicht des ESG prägen, lohnen den Blick in die Vergangenheit.

 

1860„Christus der Grundstein – Christen die Steine – Gott führe den Bau“ waren die Worte König Friedrich Wilhelms IV. bei der Grundsteinlegung des alten Gymnasialgebäudes am 26. März 1852. Eine Bronzetafel, die an den Tag der Grundsteinlegung erinnert, ist heute in der Aula zu sehen. 76 Jahre sollte der Fachwerkbau, der direkt an der Feldstraße stand, die höhere Lehranstalt der Stadt Gütersloh beheimaten. Wenngleich man durch gelegentliche Erweiterungsmaßnahmen mit den steigenden Schülerzahlen Schritt zu halten versuchte, wurde das Gebäude mit den Jahren zu klein und musste durch ein deutlich größeres ersetzt werden. Bis zur Errichtung des Klinkerbaus bestand die Schule aus dem Fachwerkgebäude an der Westseite sowie der Schulaula und dem „Physikstall“ auf der Ostseite der Feldstraße.

1930Die Grundsteinlegung für das Hauptgebäude, wie wir es heute kennen – für den heutigen „Altbau“ also -, erfolgte am 17. August 1926. Als der imposante Bau am 31. Juli 1928 eingeweiht wurde, bot er Platz für ein zweizügiges Gymnasium. Nach der Fertigstellung wurde das alte, auf dem Areal des heutigen Lehrerparkplatzes stehende Fachwerkgebäude abgerissen, das der „Penne“ (die Abkürzung ESG existierte noch nicht) seit 1852 als Heimstatt gedient hatte und in dem der Schulbetrieb zwischenzeitlich weitergegangen war. Übrigens hatte bereits der Fachwerkbau einen Dachreiter besessen, von dem sonntags die Choräle des Posaunenchors ertönten. An dieses markante architektonische Detail wollte man bei der Gestaltung der Dachkonstruktion des Klinkerbaus erinnern. Über Generationen hinweg, bis heute, wurde der Dachreiter ebenso liebevoll wie identifikationsstiftend als „Türmchen“ bezeichnet, unter dem man sich (seit 1986 auch zum weihnachtlichen „Türmchenblasen“) gern versammelte.

1945Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gymnasium durch Luftangriffe stark beschädigt. Am 26. November 1944 – Totensonntag – wurde die alte Aula bei einem Bombenangriff zerstört; am 28. Januar 1945, wenige Monate vor Kriegsende, versank der Südflügel des Klinkerbaus in Schutt und Asche. Erst am 12. März 1946 – zehn Monate nach dem Ende des Krieges – konnte der Unterricht wieder beginnen.

 

1951Durch große Anstrengungen der Gütersloher Bürgerschaft, des Wiederaufbauvereins und der Stadt Gütersloh gelingt der Wiederaufbau. Am 31. August 1949 wird Richtfest der restaurierten Gebäudeteile gefeiert, 1950 sind die Arbeiten weitgehend abgeschlossen. (Die Jahreszahl 1950 ist noch heute auf der Südseite des Altbaus in Giebelhöhe gut zu sehen.) Zum 100-jährigen Schuljubiläum 1951 wird die wieder instandgesetzte Schule festlich eingeweiht.

 

Seit den 1960er Jahren wuchs die Schülerschaft ständig bis zum derzeitigen Stand von etwa 1.200 Schülerinnen und Schülern. So musste im Laufe der Zeit die Schule baulich nach und nach erweitert werden. Da die Erweiterung der Schule parallel zur Entwicklung der Schülerzahlen erfolgte, kann man die einzelnen Bauabschnitte noch heute gut am Baustil ablesen:

1970Im Jahr 1970 wurde ein neuer, zunächst zweistöckiger Klassentrakt parallel zur Daltropstraße errichtet, der die Raumkapazität der Schule deutlich erhöhen sollte.

 

 

 

1971Im Jahr darauf wurde ein dreistöckiger naturwissenschaftlicher Trakt angefügt, in dem jeder Naturwissenschaft ein eigenes Stockwerk zugewiesen werden konnte.

 

 

 

1973In der 1973 errichteten teilbaren Turnhalle konnten nun auch zwei Klassen gleichzeitig Sport treiben – eine spürbare Verbesserung gegenüber der Situation im alten Gymnastikraum unter der Aula.

 

 

 

1984Ein modernes Gesicht erhielt die Schule 1984 durch den Bau der von der Bertelsmann Stiftung finanzierten Mediothek. Sie beherbergt zahlreiche Räume zur Medienerziehung, darunter das Multimedia-Lernzentrum im Parterre, das Studio mit Computer- und Filmschneideraum sowie das Herzstück, die Bibliothek. Wenige Jahre später, 1988, wurde der 1970 errichtete, parallel zur Daltropstraße verlaufende Klassentrakt um eine Etage aufgestockt.

 

Mit diesen Maßnahmen glaubte die Schule zunächst ausreichend versorgt zu sein. Aber auch in den 1990er Jahren nahmen die Anmeldezahlen zum Gymnasium weiter zu, so dass die Stadt Gütersloh vor der Entscheidung stand, entweder ein drittes Gymnasium zu gründen oder die beiden vorhandenen Gymnasien abermals zu erweitern. Die Stadt entschied sich für zweite Option und vereinbarte 1990 mit dem Kuratorium des Evangelisch Stiftischen Gymnasiums in einem neuen Schulentwicklungsplan eine bauliche Aufstockung um einen Zug. Nach Abschluss dieser Maßnahmen sollte dem ESG eine Raumkapazität für vier Züge zur Verfügung stehen. Zur Durchführung dieser Maßnahmen stand die Schule vor dem Problem, angesichts ihrer zentralen Lage und der dichten Randbebauung ein geeignetes Gelände zu finden.

Ein glücklicher Umstand kam der Schule dabei zu Hilfe: Das ESG war aus alter Tradition Eigentümerin eines Alumnats an der Kirchstraße. Nach Schließung des Alumnats im Jahre 1981 wurde diese wertvolle Immobilie nicht einfach verkauft, sondern getauscht, zunächst gegen „Riegers Park“ an der Bultmannstraße, der sich in städtischem Besitz befand. Um 1990 beschlossen die Stadtwerke, die in der unmittelbaren Nachbarschaft der Schule gelegen waren, das Gelände an der Daltropstraße/Herzebrocker Straße zu verlassen und an den Stadtrand umzusiedeln. So konnte dieses Gelände gegen „Riegers Park“ getauscht und dem Schulgrundstück zugeschlagen werden. Der Stadt Gütersloh gebührt Dank, einen solchen Grundstückstausch in zentraler Lage ermöglicht und bei der Bebauungsplanung die Belange der Schule berücksichtigt zu haben.

1994Als erstes wurde auf dem dazugewonnenen Gelände 1993/94 eine große Sportanlage gebaut, die im September 1994 mit einem großen Schulfest eingeweiht wurde. Der Sportplatz hat eine Größe von 7.500 qm, bestehend aus einer 2.800 qm großen Kunststofffläche für mehrere Kleinspielfelder (Basketball, Volleyball, Handball bzw. Fußball), einer 100 m-Kunststoffbahn und einer 270 m-Rundlaufbahn. Hinzu kommen Einrichtungen für weitere leichtathletische Disziplinen (z.B. Weitsprung, Hochsprung, Kugelstoßen etc.). Der Fußgängerweg von der Daltropstraße zum Theater, der quer über den Platz lief, wurde umgelegt; zusätzlich entstand eine kleine Schulhoferweiterung mit einer Sitzgruppe aus Bruchsteinen.

1996Die zweite Maßnahme, der Bau eines neuen Unterrichtstraktes im Jahre 1996, erwies sich als besonders problematisch, da eine Verengung des Schulhofes nicht zu vermeiden war. Sieben neue Klassenräume, ein Physiksaal sowie eine Astronomiestation wurden auf diese Weise erstellt.

 

 

19971997 folgte der Neubau einer deutlich größeren Sporthalle, angrenzend an den Sportplatz, ebenfalls auf dem ehemaligen Gelände der Stadtwerke. Es ist eine Zweifachturnhalle, die die Durchführung aller Hallensportarten ermöglicht. Sie steht auch den Gütersloher Vereinen zur Verfügung und wird von diesen rege genutzt. Durch den Neubau der Sporthalle wurde die kleinere Gymnastikhalle, die sich unter der Aula befand, überflüssig. Sie wurde zu drei modern eingerichteten Musikräumen umgebaut.

Mit dem Wachstum der Schülerschaft ging natürlich auch ein Wachstum des Kollegiums einher. Die Größe des Lehrerzimmers reichte bald nicht mehr aus. So gelang es 1999 mit Geldern, die beim Bau der Mehrfachsporthalle eingespart worden waren, das Lehrerzimmer zu erweitern. Die Verwaltungsräume wurden dem Lehrerzimmer zugeschlagen, für die Verwaltung wurden zwei Klassenräume umgebaut. Der Verlust der Klassenräume wurde durch Umwandlung der Hausmeisterwohnung (früher im Parterre des Altbaus befindlich) in Unterrichtsräume kompensiert.

DaltropstraßeAll diese Maßnahmen brachten eine spürbare Entlastung. Deutlich mehr Komfort trat aber erst mit der Kernsanierung des Gebäudes an der Daltropstraße ein, welches die Schule im Tausch gegen die Wohngebäude Feldstraße 8 und 16 – das Tafelsilber der Schule – erwerben konnte. In diesem grundlegend neu gestalteten Trakt sind nun u.a. moderne Unterrichtsräume, der SV-Raum, Lehrerarbeitsplätze und die neue Mensa untergebracht. Im Zuge der räumlichen Erweiterung der Schule wurden auch das Lehrerzimmer sowie die Mediothek grundlegend neu gestaltet und den veränderten Bedürfnissen angepasst. Am 16. September 2011, im 160. Jahr seit Gründung der Schule, wurde die Einweihung des Erweiterungsbaus an der Daltropstraße mit einem großen Schulfest gefeiert. Eine neue Pflasterung und zwei große Schranken sorgen seit Sommer 2012 für mehr Sicherheit und grenzen den Teil der Daltropstraße, der als Schulhof genutzt wird, nun auch optisch ab.

2023 beginnt die lange aufgeschobene, aber dringend notwendige Sanierung des Schulgebäudes: Im Januar fallen die Linden auf dem Schulhof, die der Erweiterung des Neubautrakts weichen müssen, und der Sportplatz wird für ein Containerdorf präpariert, in das die Schule für die Zeit des Umbaus umzieht.

„Gütersloh vor 100 Jahren“: Das Gymnasium feiert 1911 sein 60-jähriges Jubiläum.

Über die architektonischen Besonderheiten des Gymnasialneubaus informierte 1929 das Zentralblatt der preußischen Bauverwaltung.